Sieben: Sich im Gebet vereinen

  • geschrieben von  Caritas on Tour

Barmherzigkeit 7 4

Kirchenasyl, das gibt es seit 2016 in unserer Pfarrei Katharina von Siena. Dies ist eine Christlich humanitäre Tradition zur Überprüfung besonderer Härten, die ein geflüchteter Mensch erlebt hat. Das Gesetz sieht vor, dass ein Mensch nicht aus Deutschland abgeschoben werden darf, wenn ihm Gefahr an Körper und Seele droht. Fünf Menschen konnten wir so begleiten. Nach Petitionen und Vorlage von Gutachten sprach Deutschland den Selbsteintritt aus. Das heißt, diese Menschen dürfen nun hier ihren Asylantrag stellen.

Eine von ihnen ist Semhar aus Eritrea. Sie ist 25 Jahre jung, Krankenschwester und katholisch. Im Mai holte ich sie aus einer Hamburger Erstaufnahme ab. Unterwegs erzählte sie von Asmara, ihrer Heimatstadt, zugleich auch Hauptstadt. Krieg und Zerstörung und vor allem Angst und Gewahrsam durch die Militärs waren ihre Themen. Angekommen in der Gästewohnung unserer Pfarrei standen wir gerade auf dem Balkon, als die Glocken zum Angelus läuteten. Wir nahmen uns bei der Hand und beteten das Vaterunser. Diesen Augenblick werde ich nie vergessen.

Später lernen wir noch Sami kennen, der als einer von acht ein Bootsunglück im Mittelmeer überlebt hat. Vor seinen Augen brannten sich in die junge Seele noch schrecklichere Bilder ein, als jene, die er zu Hause im Krieg erlebt hatte. Wir lernten Josef kennen, der musikalisch ist und den Chor der eritreisch katholischen Gemeinde in Hamburg-Hamm leitet. Mit Ihnen kommt eine neue Welt ins Haus, nicht nur die von Flucht, Leid und Abschiebung, sondern von tiefem Glauben und eben der Jungen Gemeinde in Hamm. Es ist der Anfang einer Freundschaft.

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Wir lernen die Gemeindeleiterin Frau Ogbu kennen. Sie ist der Anker für viele junge Flüchtlinge aus Eritrea. Auch wir sind eingeladen bei ihr. Die Osternacht ist ein Erlebnis einer lebendigen jungen Kirche. Beichtende in großer Schar, Brautpaare, die sich trauen wollen, Babys, die getauft werden , dies alles in einer Nacht. Ein eritreischer Bischof hält Kontakt zur jungen Nordgemeinde und kam auch, als Samis Freund im Neuallermöher See ertrunken ist und tiefe Trauer unter den jungen Leuten eingezogen ist. Wir dürfen immer dabei sein. Unsere Hilfe ist selbstverständlich, sowohl im Kirchenasyl, als auch bei der Überführung des verstorbenen Freundes zu seiner Mutter.

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Übrigens ist Sami ein Muslim. Da war in Eritrea eine selbstverständliche Freundschaft untereinander . Semhar und Sami haben ein besonderes Erlebnis bei uns. Als Sami in das Kirchenasyl kommt, ist auch Semhar zufällig vor Ort. Sie beide sehen sich, lachen und können es kaum glauben. Semhar kennt Sami aus ihrer Kirchengemeinde in Asmara. Er war dort Nachbar und obwohl Muslim war es ganz normal, dass er mit den Gemeindekindern zusammen war. Auf deren Pfarrplatz lernte er laufen und später spielte er Fußball dort. Nach 4.941 km sind sie beide ganz "zufällig" wieder zusammen. Es gibt eben auch Friedensgeschichten. Dazu gehört auch die wachsende Beziehung einiger junger Eritreer in St.Hedwig. Gottesdienstbesuch und Sprachkurs sind ihre Orte kirchlichen Lebens. Nun wollen sie Danke sagen mit einem Chorauftritt in einem Gottesdienst. Mir ist auch nach Dank zumute. Reich beschenkt wurden wir durch das Kirchenasyl, das der Kirchenvorstand und viele unterstützende Gemeindemitglieder auch weiterhin ermöglichen.

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Hier erfahren Sie alles über das Projekt "Koffer der Barmherzigkeit":
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