Sechs: Hungrigen zu essen geben

  • geschrieben von  Caritas on Tour

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Sie steht an einer selbstgebauten Ladentheke. Neben ihr 12 andere Männer und Frauen, die die Kundschaft bedienen. Von Ananas bis Zucchini über Brot, Butter und Bananen, bis zu Mehl, Konserven und Kindernahrung gibt es alles, was das Herz begehrt.

Sie sieht etwas müde aus nach zweieinhalb Stunden Ausgabe. Eine Strähne des Kurzhaarschnitts wirbelt ins Gesicht. Sie lächelt und strahlt, wenn wieder ein Kunde zufrieden ist und sich bedankt. Alleine könnte sie diese Aufgabe nicht bewältigen. Muss sie auch nicht. Sie ist keine Einzelkämpferin, sie sucht nicht die Macht, engagiert sich lieber in der zweiten Reihe. Miteinander und Füreinander, das ist ihr Ding. Über das Helfen muss ihr niemand etwas erzählen. Sie hat eine erwachsene behinderte Tochter. Mit ihr hat sie all die Jahre einen großen Freundeskreis gefunden. Dort verbringt sie viel Zeit und mit ihrem Mann im schönen Nordfriesland, wo er sich kirchlich engagiert.

Langsam lichten sich die Reihen. Eine zufriedene Kundschaft verlässt in vielen Sprachen die Ausgabestelle an der Hummelbüttler Straße in der Christophoruskirche. Um 18 Uhr ist Ladenschluß. Wie auf ein Zeichen hin beginnen die „Verkäufer“ mit dem Aufräumen. Die Anlieferer, der Hausmeister, und die Raumpflegerin arbeiten Hand in Hand. Konzentriert bis zum Schluss, so mag sie es am liebsten. Viel geredet wird nicht miteinander. Man kennt sich mit Namen, manches weiß man voneinander, auf keinen Fall zu viel. Sie ist ein ruhiger, zugewandter Mensch. Dass Schweigen Gold sein kann, weiß sie längst. Lieber Gutes tun und sich freuen, als große Worte und lange Sitzungen. Auch die anderen „Verkäufer“ scheinen so zu denken. Hier ist man kein Grüppchen, kein Verein, keine der üblichen Gemeindekreise. Hier hat man Zeit und zwar genau drei Stunden, dann darf man wieder gehen. Zu Hause gibt es auch noch etwas zu tun. Alle mögen es, dass es hier keine Sitzungen, Planbesprechungen, Weihnachtsfeiern oder Gruppenstunden gibt. Man kommt, hilft und geht. Sie mag es, dass man wieder gehen darf.

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Sie, das ist die katholische Christin Justine Martens. Sie engagiert sich u.a. in der Norderstedter Tafel . Leiterin, der dortigen Ausgabe ist Karin Haupt, die sogar aus Quickborn angefahren kommt. Auch Karin Haupt ist zu Hause noch sehr eingespannt mit der Betreuung ihrer demenzerkrankten Schwiegermutter. Wir fragen nach der Motivation der beiden für diesen Dienst an den Menschen. Justine möchte den Kreislauf von Wachsen, Ernten und Verbrauchen heilen helfen. Immer noch werden zu viele Lebensmittel weggeworfen. Karin möchte etwas zurückgeben von dem Guten, das ihr Leben ausmacht. Beide strahlen so eine innere Zufriedenheit aus. Unsere Frage „ Was wünscht ihr euch für Eure Aufgabe hier in der Ausgabe“, erstaunt sie sogar. So überreichen wir einen Wunschzettel auf dem sie etwas aufschreiben dürfen. Den werden wir diesmal an eines der drei Gemeindeteams im pastoralen Raum weitergeben. „ Das ist ja wie Weihnachten“, sagt Karin.

Wir sind gespannt was das Christkind in diese Ausgabestelle der Norderstedter Tafel bringen wird. Wir verabschieden uns mit einer kleinen Besinnung und einer echten Rose, die Godwin charmant überreicht.

 

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Gemeinsam mit einer jungen Französin kam ein Mann um die Mittagszeit an einem Platz vorbei, an dem eine Bettlerin saß und um Geld bat. Sie hielt sich immer am gleichen Ort auf und nahm die Almosen entgegen, ohne auch nur einen Blick auf die Geber zu verschwenden. Der Mann gab ihr nie etwas, während seine Begleiterin der Frau öfters Geld gab.
Als die Französin eines Tages fragte, warum er der Frau nie etwa gebe, erhielt sie zur Antwort, dass man ihrem Herzen und nicht ihrer Hand etwas schenken solle.
Einige Tage darauf brachte der Mann der Bettlerin eine schöne, frisch erblühte Rose und legte sie in die um Almosen bittende Hand.
Da geschah etwas Unerwartetes: Die Bettlerin blickte zu dem Geber auf, erhob sich mühsam vom Boden und ging mit der Rose davon.
Eine Woche war die Bettlerin nicht mehr zu sehen. Dann saß sie wieder wie zuvor an ihrem gewohnten Platz und wandte sich weder mit einem Blick noch mit einem Wort an ihre Geber. Auf die Frage der Französin, wovon die Frau während der Zeit, in der sie keine Almosen erhalten habe, gelebt habe, antwortete der Mann: "Von der Rose"

Die Bettlerin und die Rose

 
 

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