Predigt am zweiten Fastensonntag

  • geschrieben von  Website Team

Von Zeit zu Zeit wird hier in dieser neuen Kategorie eine Sonntagspredigt für Sie erscheinen. Das ist ein ganz besonderer Service für diejenigen, welche nicht an den Gottesdiensten teilnehmen konnten und für alle anderen, um die Predigt in Ruhe noch einmal zu Hause nachzulesen. Die heute veröffentlichten Predigt wurde von Pfarrer Hans Janßen zum zweiten Fastensonntag gehalten.

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,

in jeder Heiligen Messe bezeugen wir es und sprechen es gemeinsam: Geheimnis des Glaubens: „Deinen Tod, o Herr verkünden wir, und deine Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.“

Jetzt, in der vorösterlichen Fastenzeit nähern wir uns in besonderer Weise diesem Geheimnis des Sterbens und der Auferstehung Jesu Christi. Es ist damit ja auch zugleich das Geheimnis der Kirche, die eben nicht in einer menschlichen Idee besteht oder sich ableitet von staatlichen oder politischen Ordnungen. Alles, was wir in der Kirche im Wesentlichen tun oder lassen leitet sich überhaupt nicht von Menschenideen ab, sondern von diesem Geheimnis, das in Jesus Christus offenbar geworden ist. Das ist wichtig zu wissen.

Aber noch wichtiger ist es dies zu wissen, nicht nur um die Kirche besser zu verstehen, sondern vor allem, um unser Leben besser zu verstehen: Denn vom Geheimnis des Glaubens her steht auch das Geheimnis unseres Lebens, unserer Lebenswege, in einem neuen Licht.

Und dazu werden wir heute auf zwei verschiedene Berge geführt.  Den Berg Moria, auf dem Abraham seinen Sohn Isaak opfern sollte, und auf den Berg der Verklärung. Ja, um es gleich zu sagen: Gott bleibt in seiner Größe der Unbegreifliche. Aber als der Unbegreifliche zeigt er uns dennoch seine Verlässlichkeit.

Was ist nämlich ein Geheimnis? Es ist anders, als bei einem Rätsel: Ein Rätsel ist irgendwann gelöst. Und wenn ein Rätsel gelöst ist, dann haben wir über das bisher Rätselhafte Macht.

Ein Rätsel kann man in den Griff bekommen. Ein Geheimnis nicht. Auch, wenn viele dieses Thema schon fast nicht mehr hören können. Der erste Schritt dazu, das Coronavirus zu bekämpfen, also einen Impfstoff und ein Medikament zu entwickeln war der, das Rätsel des Virus zu lösen. Und so konnten Impfstoffe und Medikamente entwickelt werden. Und eines Tages werden wir das Virus in den Griff bekommen.

Mit Gott geht das nicht:  ER ist und bleibt Gott, unverfügbar. Bekämen wir ihn in den Griff, wäre er nicht Gott. Und genau dies hat sehr viel mit unserem Leben, mit unseren Lebenswegen, mit den Zumutungen unseres Lebens zu tun. Vielleicht deshalb musste die erste Lesung heute Morgen auch eine Zumutung sein. Abraham und sein Sohn Isaak auf dem Berg Moria. Das auf der eine Berg.

Und der andere Berg: Da haben wir aus dem Evangelium von der Verklärung Jesu gehört. Zwei Berge. Zwei Gottesbegegnungen.

Wie ist das nun mit der so genannten Opferung Isaaks? Der Anfang, die Aufforderung: Opfere deinen Sohn durch ein Brandopfer: Unerträglich. Das soll Gott

gefordert haben? Wer will mit einem solchen Gott zu tun haben? Und das Geheimnis ist ja nicht allein schon dadurch gelüftet, dass Isaak am Ende dann doch verschont wird. Oder so, dass man sagt: „Ja, die Geschichte zeigt, dass Gott keine Menschenopfer will.“ Ja, das stimmt. Aber das hätte man auch einfacher erzählen können.

Nein! Das Geheimnis liegt tiefer: Es gehört nämlich noch etwas zu dieser Geschichte: Isaak ist ja nicht irgendein Sohn. Er ist der Sohn der Verheißung.  Gott hatte sein Wort gegeben. Abraham und Sara waren kinderlos: Kein Erbe, keine Nachkommenschaft kein Fortleben in den nachkommen; denn an eine Auferstehung gab es noch keinen Gedanken. Abraham und Sara waren schon alt, als ihnen Gott dann doch einen Sohn angekündigt hat. Isaak wurde geboren. Der Isaak also, an den Gott seine Verheißung gebunden hatte: eine Nachkommenschaft so zahlreich, wie die Sterne am Himmel. Und so bedeutete Isaak für Abraham: Isaak war für Abraham das sichtbare Zeichen, dass Gott treu ist und Zukunft schenkt.

Dies sollte er nun loslassen: den Sohn, an den sich sein Glaube an Gott erfüllt hatte. Menschlich hatte Abraham schon alle Hoffnung aufgegeben.  Gott aber hatte ihm in Isaak die Gewissheit des Glaubens geschenkt. Was bleibt nun noch? Ein Willkürgott. Ein restlos unbegreiflicher Gott, der keinen Halt mehr gibt. Da werden Gottes Wege nicht mehr nur „unbegreiflich“, sie werden sinnlos.

Aber genau hier, in dieser Tiefe: wenn man so will: hinabgestiegen in das Reich des Todes, in der Verzweiflung, genau dort treffen wir auf die Botschaft dieser Geschichte. Denn bei allem Unbegreiflichen bleibt Gott seinen Verheißungen treu. Gott blieb eine Zeit lang, ja, eine quälend lange Zeit lang verborgen, rätselhaft, ja, so, als wäre er nicht Gott.

Dann aber, am Ende ist es Gott selber, der dazwischenruft: Der HALT! ruft.  Tu dem Jungen nichts zuleide.  „Denn jetzt weiß ich, dass du Gott fürchtest; du hast mir deinen Sohn, deinen Einzigen nicht vorenthalten.“ Und Abraham sah einen Widder, der sich im Gestrüpp verfangen hatte, den Abraham nun als Brandopfer hingab.  Und ein Engel richtet Abraham aus:

„Weil du das getan hast und deinen Sohn, deinen Einzigen, mir nicht vorenthalten hast, will ich dir Segen schenken in Fülle und deine Nachkommen überaus zahlreich machen, wie die Sterne am Himmel und den Sand am Meeresstrand.“

Und nun merken wir vielleicht noch mehr, als vordem, dass Gott zwar sehr wohl der treue, der liebende Gott ist, aber – und da ist die Heilige Schrift sehr realistisch und lebensnah -  Der wahre, lebendige Gott ist eben nicht in unserem menschlichen Sinne berechenbar. Das muss man wissen, dass wir weder über Gott noch über unseren Glauben verfügen. Auf wie vielen Lebenswegen ist Gott auch unbegreiflich.

Deshalb ist es so wichtig, dass wir die Heilige Schrift kennen, und uns eben nicht irgendetwas über Gott selber zurechtlegen.

Die ausgedachten Festtagsgötter knicken vor dem Leid ein. Der Vater Jesu Christi aber lässt niemanden los. Denn wie ist es weiter gegangen mit dem Volk Abrahams? Ja, Gott hat sein Volk Israel erwählt. Aber was mit Israel geschehen ist, dann immer wieder, ist auch unbegreiflich: in der Treue Gottes das Unbegreiflich: Das Exil in Babylonien, die Zerstörungen des Tempels. Die Exile.

In Jesus Christus spitzt sich das zu: Der Sohn der Verheißung stirbt am Kreuz. Aber genau diese Zuspitzung, dass Gott seinen Sohn tatsächlich hingibt, genau dieser Weg führt in die Auferstehung: Der Tod Jesu führt zu unserer Auferstehung. Geheimnis des Glaubens:

Von seiner Osterkerze bekommen unsere Tauf – und Osterkerzen ihr Licht. Und die Verklärung Jesu, mit den drei der Aposteln auf dem Berg, sie geschieht genau nachdem Jesus den Aposteln sein Leiden und Sterben angekündigt hat. Und wie hatte Petrus reagiert? „Das nur nicht, dass du verworfen wirst, leiden und sterben musst…“ Auch das Kreuz ist unbegreiflich. Aber gerade im Kreuzestod Jesu Christi und in seiner Auferweckung von Toten zeigt sich Gottes Treue und Liebe. Die Verklärung Jesu auf dem Berg war die Verheißung der Auferstehung: „Dies ist mein geliebter Sohn, auf IHN sollt ihr hören.“

Was heißt das für uns? Das heißt etwas für unsere Lebenswege und das heißt etwas für unsere Hoffnung, die wir im Glauben haben. Für unsere Lebenswege heißt das: Wenn wir etwas auf unserem Lebensweg nicht verstehen: Eine Last, die wir zu tragen haben, ein Konflikt, in dem wir uns wiederfinden, eine Enttäuschung über einen Menschen, eine Hoffnung, die uns zerschlagen wird:

Erinnern wir uns dann daran, dass auch der unbegreifliche Gott am Ende und schon jetzt treu ist.

Wohl dazu haben wir die zweite Lesung gehört: „Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns, der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern für uns alle dahin gegeben – wie sollte er uns mit Ihm nicht alles schenken?“

Und dies, dass Gott für uns ist, das ist nicht immer und in jeder Lebenslage offensichtlich. Aber offensichtlich gehört es zum Glauben, dass sich auch unsere Treue bewähren muss. Nein, ich weiß, das ist keine Erklärung für gar nichts! Das ist auch noch kein Trost. Aber es gehört zu unserer Lebenswirklichkeit, dass wir manchmal Gott erst in der Tiefe finden, in der Beharrlichkeit, im „Ja, Herr, aber – du hast gesagt.“ Christus zu folgen heißt nicht: Ich kann jedes Leid und die ganze Welt erklären. Christus zu folgen heißt aber sehr wohl: Gott ist treu. – Auf IHN ist Verlass. IHM vertraue ich.

Und für die Hoffnung, die wir im Glauben haben heißt das: Nehmt die Auferstehung ernst. Der Himmel ist kein Trostpreis, sondern die Erfüllung aller Freude. Was uns im Glauben lebenstüchtig macht ist unsere konkrete Vorbereitung. Dass wir klären, was zu klären ist und gemeinsam auf die Stimme Jesu hören.

 Amen 

 

Predigt zum zweiten Fastensonntag, 28.02.2021
Markus 9,2-10; Genesis 22,1-18; Römer 8,31b-34 von Pfarrer Hans Janßen

 

Tagesevangelium 28.02.2021

In jener Zeit
2 nahm Jesus Petrus, Jakobus und Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg, aber nur sie allein. Und er wurde vor ihnen verwandelt; 

3 seine Kleider wurden strahlend weiß, so weiß, wie sie auf Erden kein Bleicher machen kann. 

4 Da erschien ihnen Elíja und mit ihm Mose und sie redeten mit Jesus. 5Petrus sagte zu Jesus: Rabbi, es ist gut, dass wir hier sind. Wir wollen drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elíja. 

6 Er wusste nämlich nicht, was er sagen sollte; denn sie waren vor Furcht ganz benommen. 

7 Da kam eine Wolke und überschattete sie und es erscholl eine Stimme aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn; auf ihn sollt ihr hören. 

8 Als sie dann um sich blickten, sahen sie auf einmal niemanden mehr bei sich außer Jesus. 

9 Während sie den Berg hinabstiegen, gebot er ihnen, niemandem zu erzählen, was sie gesehen hatten, bis der Menschensohn von den Toten auferstanden sei.

10 Dieses Wort beschäftigte sie und sie fragten einander, was das sei: von den Toten auferstehen.

 

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