Predigt vom ersten Fastensonntag

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Von Zeit zu Zeit wird hier in dieser neuen Kategorie eine Sonntagspredigt für Sie erscheinen. Das ist ein ganz besonderer Service für diejenigen, welche nicht an den Gottesdiensten teilnehmen konnten und für alle anderen, um die Predigt in Ruhe noch einmal zu Hause nachzulesen. Die heute veröffentlichten Predigt wurde von Pfarrer Hans Janßen am ersten Fastensonntag gehalten.

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,

manchmal, auf dem Weg, da muss man auch anhalten und noch einmal nachsehen, ob der Weg denn so auch richtig ist. Die Älteren unter uns, aber auch die Pfadfinder können ja noch Karte lesen. Aber auch beim Navi kann was schiefgehen: Manchmal kann ein falscher Buchstabe schon in das falsche Bundesland führen. Also: Anhalten und nachgucken, ob man noch auf dem richtigen Weg ist. Die Fastenzeit ist eine solche Zeit zum Anhalten und Nachgucken.

Und nun hat sich Gott selber zu uns auf den Weg gemacht. Sicher, Gott braucht keine Orientierungshilfe. Aber Jesus, der Mensch geworden ist, Und so beginnt ER mit einer Orientierung. Wozu ist ER Mensch geworden? Mensch, wie wir, aber ohne Sünde. Weil Er ohne Sünde war, kann ER unsere Sünde tragen. Und wir ahnen vielleicht: „Ohne Sünde“, das heißt mehr als: Kein Mord, kein Raub, kein Ehebruch. Noch bevor Jesus Jünger beruft, Kranke heilt, die frohe Botschaft, das Evangelium verkündet, da führt ihn der Heilige Geist in die Wüste und er fastet 40 Tage lang. Und da heißt es: der Heilige Geist führte ihn in der Wüste umher.

Wir alle kennen die Kinderspiele, bei denen einer so sehr um die eigene Achse gedreht wird, dass ihm ganz schwindelig ist. Aber als aber die Zeit des Fastens vorbei war, hatte Jesus Hunger. Gott ist Mensch geworden und hat Bedürfnisse, so wie jeder Mensch. Er hat Hunger. Er ist geschwächt. Und genau zu dieser Zeit, da meldet sich der Versucher. In der Zeit der Schwäche testet er die Treue Jesu zu seinem Vater. Konkreter gesagt: Der Versucher testet die Treue Jesu zu seinem Auftrag, ja, zu seiner Berufung.

Etwas Ähnliches sagt Jesus später zu Petrus: „Simon, Simon, siehe, der Satan hat verlangt, dass er dich wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und dann sagt Jesus zu Petrus „Stärke deine Brüder.“

Was können wir daraus schließen? Der Versucher meldet sich besonders dann, wenn Gott mit einem Menschen etwas vorhat, immer dann wenn ein Mensch von Gott in den Dienst genommen wird. Und so gehört zu dem Anhalten in der Fastenzeit immer auch die Frage: Gott, was hast du denn mit mir vor? Was ist meine Berufung? Und: Bin ich noch in der Spur? Bin ich auf dem richtigen Weg? Denn jeder Mensch hat von Gott eine Berufung.

Sicher: Das Wesen und die Berufung Jesu ist einzigartig. Aber hier, in dieser Begegnung lebt Jesus, der Sohn Gottes, besonders die menschliche Seite seiner Berufung. Denn das, womit ihn der Teufel versuchen will, das ist kein Schabernack, nichts, wodurch Jesus zu irgendeinem unsinnigen Vergnügen verleitet werden sollte, sondern es geht durchgehend darum, dass Jesus seiner Berufung treu bleibt.

Und die Berufung Jesu ist der Weg nach unten. Es ist der Weg zum Kreuz. Der allmächtige Gottessohn geht den Weg in die Bedürftigkeit: Er lernt, was es heißt Hunger zu haben. Er betet den Vater an. Er vertraut dem Vater. Und Er tut das in einer Situation, in der ER doch gute Gründe gehabt hätte nachzugeben.
Aber genau so funktioniert die Versuchung: Sie scheint einzuleuchten. Sie weckt Verständnis. Der Hunger nach 40 Tagen Fasten ist doch verständlich, einleuchtend. Und dann scheint es doch einleuchtend zu sein, dass das so genannte praktische Leben den Vorrang hat…Ja, Vorrang wovor? Vorrang vor Gott! So meint man dann.

Wenn anderes vordringlich erscheint, dann sei es doch verständlich, Gott beiseite zu schieben. Und dann wird gelebt und gestaltet – nur aus dem Eigenen, aber nicht aus Gott. Ja, letztlich wird Gott die Gestaltungskraft abgesprochen.

Das fängt an mit der ganz banalen Bevorzugung, dass der Sonntag doch der einzige Tag sei, an dem man ausschlafen kann. Und Samstag? – Nein, das geht nicht, da muss man einkaufen. Der einzige Tag, an dem man mit der ganzen Familie frühstücken kann, falls dann schon alles aufgestanden sind.

Ich weiß, ein banales Beispiel, aber ein typisches, typisch dafür, woher ein Mensch Orientierung und Leben erwartet. Das ist das eine Merkmal der Versuchung: Selber machen zu wollen, was Gott schenken will. Das Machbare wird vordringlicher, und bestimmender angesehen, als die Orientierung an Gott.

Und dann kommt etwas Zweites dazu: Die Behauptung der moralischen Überlegenheit. Der Versucher gibt nicht zu zum Bösen zu verführen, sondern er gibt vor, zum Besseren zu verführen. Mach aus diesen Steinen Brot! Nutz doch, Jesus, deine Macht, den Hunger in der Welt abzuschaffen. Das klingt doch vernünftig. Es ist doch besser Gutes zu tun, anstatt zur Kirche zu gehen. „Es reicht doch nicht, die Hände zum Gebet in den Schoß zu legen“ sagt man und meint: Das Gebet sei sowieso zweitrangig gegenüber der Tat, dem Fleiß, dem Gemachten, ja im Zweifelsfall auch vorrangig gegenüber Gottes Gebot: Warum sollte es schlecht sein, menschliche Embryonen zu verbrauchen, wenn dadurch Krankheiten besiegt werden können, vielleicht.

Ja, sogar die Abtreibung wird als moralisch überlegen verkauft, weil sonst die Mutter überfordert sei und das Kind nicht optimal aufwachsen kann. Vor welcher Frage stehen wir also?

Wir werden an diesem Sonntag gefragt: Ist Gott für dich der Wirkliche, der Lebendige, der Höchste, oder ist Gott für dich nur eine Idee, nur ein Gedanke, vielleicht auch nur ein Strohhalm, der bleibt, wenn alles Machbare schon erledigt ist?

Es gibt dabei zwei Kriterien, an denen wir uns orientieren können: Das eine Kriterium finden wir in den Antworten Jesu. Wir finden es in der Weise, wie Jesus dem Versucher antwortet: ER antwortet immer mit der Bibel, mit dem Wort Gottes. ER diskutiert nicht mit dem Teufel. ER vertraut Gott und Seinem Wort. Und das gilt nun in einem doppelten Sinne: Jesus vertraut darauf, dass Gottes Gebot dem Leben dient.

Wie viele Menschen, auch solche, die sich als Christen verstehen, sortieren da aber, was sie von Gottes Gebot annehmen und was sie auch nicht annehmen. Sie stellen sich über Gottes Gebot, und behalten sich vor, was sie gelten lassen und was nicht. Jesus aber achtet das ganze Gebot Gottes.

Es kommt aber etwas Zweites dazu: Gottes Wort wirkt auch, was es verspricht. Letztlich wollte der Teufel Jesus von Seinem Weg zum Kreuz abhalten. „Wenn du mich anbetest, wird dir alles gehören, alle Reiche des Erdkreises.“

Es ist die Verlockung der Macht und des Machbaren, der Unabhängigkeit von Gott, gerade dort wo Gott den Weg nach unten führt.

Gottes Wort ist nicht nur ein Gebot, es ist auch eine Verheißung, eine Zusage Gottes. Aber die Verheißungen Gottes stellen nicht unsere Möglichkeiten, nicht unsere Macht, nicht uns selber in den Mittelpunkt, sondern die Verheißung, die Gott gibt ist: ER wird ihr Gott sein, und sie werden sein Volk sein. Die Versuchung ist die, dass wir versuchen, ohne Gott zu etwas zu machen.

Im Beruf, in der Gestaltung des Familienlebens, in der Erziehung der Kinder, ja, auch in der Kirche. Aber nicht unser Fleiß, auch nicht gesellschaftliche Anerkennung, noch nicht einmal unser Engagement macht die Kirche lebendig. Nicht solange wir im Mittelpunkt stehen wird die Kirche lebendig, sondern, wenn Christus im Mittelpunkt steht wird die Kirche lebendig.

Das Gebet zu Beginn einer Versammlung oder einer Arbeitsgruppe ist keine Formalität, sondern geistliche Notwendigkeit. In der ersten Lesung (Dtrn. 26,4-10) gehört, was die Voraussetzung gegen alle Versuchung ist: Die Hingabe an Gott. Im Alten Bund waren das die Ersterträge von den Früchten des Landes, das Gott dem Gottesvolk gegeben hatte.

Wir feiern gleich die Heilige Eucharistie: Lasst uns das nicht zu einer routinierten Gewohnheit werden. Hier ist der HERR gegenwärtig. IHM, Jesus Christus vertrauen wir uns mit unserem ganzen Leben an. Wir bringen uns selber und bitten Gott, dass ER unser Leben wandelt. Und ich muss auch sagen: Wer das nicht will, wer Jesus nicht folgen will, der hat auch alle Freiheit in der Bank sitzen zu bleiben, oder sich auch segnen zu lassen.

Kommunion heißt eben nicht nur Gemeinschaft. Sondern Kommunion heißt Teilhabe.
Teilhabe an dem Weg Jesu in die Welt. Hingabe an Christus.

Was nehmen wir mit in diese erste Woche der Fastenzeit? Wir sollten uns fragen:
Was ist in unserem Leben vordringlich? Was trauen wir Gott, was trauen wir Jesus, was trauen wir den Verheißungen des Wortes Gottes zu? Versuchungen sind der Versuch, Gott hintenan zu stellen, das Machbare für Vordringlich zu halten.
Und das führt dahin, sich und anderen Lasten aufzulegen. Gottes Gebot und Verheißung aber führt ins Vertrauen, zum Gottvertrauen,
das uns ermutigt Gott zu fragen: Was hast Du denn mit mir vor, Gott?
Hier bin ich.

Amen
 

Predigt am Ersten Fastensonntag, dem 10.03.2019; Lukas 4, 1-13; Deuteronomium. 26,4-10; Römer 10,8-13 Pfarrer Hans Janßen
 

Tagesevangelium 10.03.2019

Aus dem Heiligen Evangelium nach Lukas - Lk 4, 1-13.

In jener Zeit verließ Jesus, erfüllt vom Heiligen Geist, die Jordangegend. Darauf führte ihn der Geist vierzig Tage lang in der Wüste umher, und dabei wurde Jesus vom Teufel in Versuchung geführt. Die ganze Zeit über aß er nichts; als aber die vierzig Tage vorüber waren, hatte er Hunger. Da sagte der Teufel zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden. Jesus antwortete ihm: In der Schrift heißt es: Der Mensch lebt nicht nur von Brot. Da führte ihn der Teufel auf einen Berg hinauf und zeigte ihm in einem einzigen Augenblick alle Reiche der Erde. Und er sagte zu ihm: All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen, und ich gebe sie, wem ich will. Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören. Jesus antwortete ihm: In der Schrift steht: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen. Darauf führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich von hier hinab; denn es heißt in der Schrift: Seinen Engeln befiehlt er, dich zu behüten; und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. Da antwortete ihm Jesus: Die Schrift sagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen. Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel für eine gewisse Zeit von ihm ab.

 

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