Predigt am ersten Fastensonntag

  • geschrieben von  Website Team

Von Zeit zu Zeit wird hier in dieser neuen Kategorie eine Sonntagspredigt für Sie erscheinen. Das ist ein ganz besonderer Service für diejenigen, welche nicht an den Gottesdiensten teilnehmen konnten und für alle anderen, um die Predigt in Ruhe noch einmal zu Hause nachzulesen. Die heute veröffentlichte Predigt wurde von Pfarrer Hans Janßen am ersten Fastensonntag gehalten.

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,

in den ungewöhnlichen Zeiten wird sichtbar, was sonst zwar da, aber nicht zu sehen ist. Das haben wir zuerst durch die Corona-Pandemie erfahren. Oft ist das schon gesagt worden: Wie durch ein Vergrößerungsglas wurde nun sichtbar, was sonst kaum zu sehen war. Und jetzt, seitdem der Krieg in der Ukraine herrscht, da gilt das noch einmal in noch anderer Weise. Zum Beispiel eben auch dies, für wie selbstverständlich wir über viele Jahrzehnte wir den Frieden und den Wohlstand genommen haben.

Und nicht zuletzt: Wie sehr wir die Wirklichkeit des Bösen unterschätzt haben. Hatten wir doch gedacht, es reiche aus, das Böse nicht zu wollen und das Gute zu denken. Aber das reicht eben nicht aus. Es gibt das Böse. Und das Böse ist eine Macht, die man ernst nehmen muss. Nur Gott ist stärker als das Böse. Die Fastenzeit ist eine Zeit des Innehaltens der Umkehr zu Gott. Ich will es in einem Bild sagen: Wenn Gottvertrauen eine Energie ist, die uns zum Guten und zum Leben hilft und antreibt, dann ist die Frage: Wie weit werden unsere Vorräte an Gottvertrauen reichen?  Wieviel Gottvertrauen haben wir verinnerlicht?  Sind wir – sowohl gemeinsam, als auch als Einzelne - vorbereitet, dem Bösen zu widerstehen?

Die Fastenzeit ist Orientierungszeit. Jesus ist wirklich Mensch geworden ist und hat diesen Stresstest durchlebt.  Vor allem öffentlichem Wirken, vor der Predigt, vor den Jüngerberufungen, vor den Heilungen wurde ER vom Heiligen Geist in die Wüste geführt. 40 Tage lang. Aber als aber die Zeit des Fastens vorbei war, hatte Jesus Hunger. Er ist geschwächt. Und genau zu dieser Zeit des Hungers und der Erschöpfung, da meldet sich der Versucher, der Teufel, das Böse. Konkreter gesagt:

Der Versucher testet die Treue Jesu zu Gott, dem Vater, zu seinem Auftrag, ja, zu seiner Berufung.

Etwas Ähnliches sagt Jesus später zu dem Apostel Petrus: „Simon, Simon, siehe, der Satan hat verlangt, dass er dich wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, dass dein Glaube nicht aufhöre.“ Und dann sagt Jesus zu Petrus „Stärke deine Brüder.“

Was können wir daraus schließen? Der Versucher meldet sich besonders dann, wenn Gott mit einem Menschen etwas vorhat, oft dann wenn ein Mensch von Gott in den Dienst genommen wird, dann meldet der Verwirrer. Und so gehört zu dem Anhalten in der Fastenzeit immer auch die Frage: Gott, was hast du denn mit mir vor? Was ist meine Berufung? Bin ich da auf dem richtigen Weg? Und: Bin ich noch in der Spur? Bin ich auf dem richtigen Weg? Oder ist alles nur noch Gewohnheit, auch, was den Glauben angeht? Denn jeder Mensch hat von Gott eine Berufung.

Sicher: Das Wesen und die Berufung Jesu ist einzigartig. Aber hier, in dieser Begegnung mit dem Versucher erlebt Jesus, der Sohn Gottes als Mensch, was es heißt, versucht zu werden. Denn das, womit ihn der Teufel versuchen will, da geht durchgehend darum, ob Jesus seiner Berufung treu bleibt. Und die Berufung Jesu ist der Weg nach unten. Es ist der Weg zum Kreuz. Der allmächtige Gottessohn geht den Weg in die Ohnmacht: Er lernt, was es heißt Hunger zu haben, schwach und angewiesen zu sein.

Und das in einer Situation, in der ER doch gute, vernünftige Gründe gehabt hätte nachzugeben. Aber genau so funktioniert die Versuchung: Sie scheint einzuleuchten. Sie weckt Verständnis. Der Hunger nach 40 Tagen Fasten ist doch verständlich, einleuchtend. Und dann scheint es doch einleuchtend zu sein, dass das so genannte praktische Leben den Vorrang hat. -  Ja, Vorrang wovor? Vorrang vor Gott!  - So meint man dann. Wenn anderes vordringlich erscheint, dann sei es doch verständlich, Gott beiseite zu schieben.

Und dann wird gelebt und gestaltet – nur aus dem Eigenen, aber nicht aus Gott. Dann sprechen Menschen von der Wirklichkeit und meinen doch eine Wirklichkeit ohne Gott. Letztlich wird Gott dann die Gestaltungskraft abgesprochen.

Das ist das eine Merkmal der Versuchung: Selber machen zu wollen, was Gott schenken will. Dem Machbaren wird mehr Leben und Wirkung zugetraut, als der Orientierung an Gott.

Und dann kommt etwas Zweites dazu: Die Behauptung der moralischen Überlegenheit. Der Versucher sagt ja nicht, dass er zum Bösen zu verführen will, sondern er gibt vor, zum Besseren zu verführen. Putin spricht nicht von einem Überfall, er spricht von Befreiung. Mach aus diesen Steinen Brot! Nutz doch, sagt er zu Jesus, deine Macht, den Hunger in der Welt abzuschaffen. Das klingt doch vernünftig!

Es ist doch besser Gutes zu tun, anstatt zur Kirche zu gehen. „Es reicht doch nicht, die Hände zum Gebet in den Schoß zu legen“ sagt man - und meint: Das Gebet sei sowieso zweitrangig gegenüber der Tat, dem Fleiß, dem Gemachten, ja im Zweifelsfall auch vorrangig gegenüber Gottes Gebot: Warum sollte es schlecht sein, menschliche Embryonen zu verbrauchen, wenn dadurch Krankheiten besiegt werden können, vielleicht? Ja, sogar die Abtreibung wird als moralisch überlegen verkauft, weil sonst die Mutter überfordert sei, die Freiheit eingeschränkt und das Kind nicht optimal aufwachsen kann.

Vor welcher Frage stehen wir also? Wir werden an diesem Sonntag gefragt: Ist Gott für dich der Wirkliche, der Lebendige, der Höchste, oder ist Gott für dich nur eine Idee, nur ein Gedanke, vielleicht auch nur ein Strohhalm, der bleibt, wenn alles Machbare schon getan ist? Es gibt dabei zwei Kriterien, an denen wir uns orientieren können: Das eine Kriterium finden wir in den Antworten Jesu. Wir finden es in der Weise, wie Jesus dem Versucher antwortet: ER antwortet immer mit der Bibel, mit dem Wort Gottes. ER diskutiert nicht mit dem Teufel. ER vertraut auf Gott und auf das, was Gottes Wort sagt.

Und das gilt nun in einem doppelten Sinne: Jesus vertraut darauf, dass Gottes Gebot dem Leben dient. Wie viele Menschen, auch solche, die sich als Christen verstehen, sortieren aber, was sie annehmen und was sie auch nicht annehmen. Sie stellen sich über Gottes Gebot, und behalten sich vor, was sie gelten lassen und was nicht Jesus aber achtet das ganze Gebot Gottes. Er sortiert da nichts aus.

Es kommt aber noch etwas Zweites dazu: Gottes Wort wirkt das, was es verspricht.

Letztlich wollte der Teufel Jesus von Seinem Weg zum Kreuz abhalten. „Wenn du mich anbetest, wird dir alles gehören alle Reiche des Erdkreises.“ Es ist die Verlockung der Macht und des Machbaren, der Unabhängigkeit von Gott, gerade dort wo Gott den Weg nach unten führt. Gottes Wort ist nicht nur ein Gebot, es ist auch eine Verheißung, eine Zusage Gottes. Aber die Verheißungen Gottes stellen nicht unsere Möglichkeiten, nicht unsere Macht, nicht uns selber in den Mittelpunkt, sondern die Verheißung sagt: Gott handelt, wen wir vertrauen und tun, was ER sagt.

Die Versuchung ist die, dass wir versuchen, ohne Gott zu etwas zu machen.

Im Beruf, in der Gestaltung des Familienlebens, in der Erziehung der Kinder, ja, auch in der Kirche.

In der ersten Lesung haben wir gehört, was die Voraussetzung gegen alle Versuchung ist: Die Hingabe an Gott. Im Alten Bund waren das die Ersterträge von den Früchten des Landes, das Gott dem Gottesvolk gegeben hatte. Wir feiern gleich die Heilige Eucharistie: Hier ist der HERR gegenwärtig. IHM, Jesus Christus vertrauen wir uns mit unserem ganzen Leben an. Wir bringen uns selber und bitten Gott, dass ER unser Leben wandelt. Kommunion heißt Teilhabe. Teilhabe an dem Weg Jesu in die Welt. Hingabe an Christus.

Was nehmen wir mit in diese erste Woche der Fastenzeit? Wir sollten uns fragen:
Was ist in unserem Leben vordringlich? Versuchungen sind der Versuch, Gott hintenan zu stellen, das Machbare für Vordringlich zu halten. Gottes Gebot und Verheißung aber führt ins Vertrauen, zum Gottvertrauen, das uns ermutigt Gott zu fragen: Was hast Du denn mit mir vor, Gott?

 Amen 

 

Predigt am 1. Fastensonntag, den 6. März 2022

Lukas 4, 1–13; Deuteronomium 26, 4–10; Römer 10, 8–13


 

Tagesevangelium 06.03.2022

In jener Zeit

kehrte Jesus, erfüllt vom Heiligen Geist, vom Jordan zurück. Er wurde vom Geist in der Wüste umhergeführt, 

vierzig Tage lang, und er wurde vom Teufel versucht. In jenen Tagen aß er nichts; als sie aber vorüber waren, hungerte ihn. 

Da sagte der Teufel zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so befiehl diesem Stein, zu Brot zu werden. 

Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben: Der Mensch lebt nicht vom Brot allein. 

Da führte ihn der Teufel hinauf und zeigte ihm in einem Augenblick alle Reiche des Erdkreises. 

Und er sagte zu ihm: All die Macht und Herrlichkeit dieser Reiche will ich dir geben; denn sie sind mir überlassen und ich gebe sie, wem ich will. 

Wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest, wird dir alles gehören. 

Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben: Vor dem Herrn, deinem Gott, sollst du dich niederwerfen und ihm allein dienen. 

Darauf führte ihn der Teufel nach Jerusalem, stellte ihn oben auf den Tempel und sagte zu ihm: Wenn du Gottes Sohn bist, so stürz dich von hier hinab; 

10 denn es steht geschrieben: Seinen Engeln befiehlt er deinetwegen, dich zu behüten; 

11 und: Sie werden dich auf ihren Händen tragen, damit dein Fuß nicht an einen Stein stößt. 

12 Da antwortete ihm Jesus: Es ist gesagt: Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht auf die Probe stellen. 

13 Nach diesen Versuchungen ließ der Teufel bis zur bestimmten Zeit von ihm ab.

 

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