Predigt am 7. Sonntag der Osterzeit

  • geschrieben von  Website Team

Von Zeit zu Zeit wird hier in dieser neuen Kategorie eine Sonntagspredigt für Sie erscheinen. Das ist ein ganz besonderer Service für diejenigen, welche nicht an den Gottesdiensten teilnehmen konnten und für alle anderen, um die Predigt in Ruhe noch einmal zu Hause nachzulesen. Die heute veröffentlichte Predigt wurde von Pfarrer Hans Janßen am 7. Sonntag der Osterzeit in der Kirche Hl. Familie gehalten.

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,

 

„…das Wichtigste zum Schluss!“ … so wird es oft gesagt, wenn es an einen Abschied geht und nun noch einmal ausgesprochen wird, was wirklich entscheidend ist. Wir haben das heute aus den so genannten Abschiedsreden Jesu gehört,genauer: aus einem Gebet Jesu für die Kirche bei seinem Abschied von den Jüngern. Wovon spricht Jesus? Er spricht von der Kirche, für die er betet, dass Gott, der Vater sie nicht aus der Welt nimmt, sondern vor dem Bösen bewahrt.

Aber was heißt das? Es ist ja nicht so, dass Christen, dass die Kirche vor dem Bösen so geschützt wäre, dass uns nichts widerfahren könnte. Wie jeder wissen kann, gibt es viele Christen auf der Welt, die nur deshalb, weil sie Gottesdienst feiern, weil sie beten, eine Bibel besitzen, verfolgt, geschlagen, eingesperrt und auch ermordet werden.

Und auch wir, die wir in Freiheit leben wissen, dass uns manches Böse durchaus etwas anhaben kann. Die Bedrohung des Bösen ist da. Ja, selbst in der Kirche sind wir noch nicht einmal davor geschützt, dass nicht auch Böses innerhalb der Kirche geschehen könnte. Auch das gibt es ja: Betrug, Unterschlagung, Missbrauch, - und nicht zuletzt, schleichend und manchmal erst kaum zu bemerken: Spaltung und Streit.

Was heißt es dann, vor dem Bösen bewahrt zu werden? - Und wir merken wohl schon jetzt bei dieser Frage ein Unwohlsein: Wir kommen nicht weiter, wenn wir nur über das Böse reden, ja darauf starren. Es lähmt uns. Denn das ist ja gerade das Wesen des Bösen, dass es lähmt und spaltet und beschuldigt. Das Böse entmutigt und spaltet. Und nun zeigt uns Jesus eine Tür aus diesem dunklen Raum.

Und diese Tür, die kennen wir eigentlich schon. Es ist der Name Gottes, der befreit. Deshalb sollen wir den Namen Gottes nicht missbrauchen, nicht verzwecken, nicht nur für uns selber benutzen, sondern: heiligen. Sorgfältig den Namen Gottes für das bewahren, wofür er da ist: Für das Gebet, für den Gottesdienst, zur Orientierung.

Deshalb haben wir diese Heilige Messe im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen begonnen. Deshalb beten wir im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes und beginnen und beschließen so den Tag. Bevor Jesus zurück zum Vater gekehrt ist, um uns den Heiligen Geist zu senden, hat ER uns den Namen seines Vaters offenbart. Wie soll uns der Name Gottes vor dem Bösen bewahren?

Ich will ein Beispiel aus der Geschichte nehmen: Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, da hatte die Welt von Deutschland ausgehend erlebt und gesehen, was Bosheit bedeuten kann. Die Naziideologie, die Menschenverachtung, Judenverfolgung, die Pogrome, die Verfolgung Andersdenkender und der Weltkrieg mit all seinen Grausamkeiten.

Wem war da die Macht des Bösen nicht bewusst? Wem muss da nicht bewusstwerden, dass wir Menschen dem Bösen nicht gewachsen sind? Und so war es dann auch keine Frage, dass ein Satz wie dieser ins Grundgesetz gehört, ja, am Anfang stehen muss: „In Verantwortung vor Gott und den Menschen…“

Die erste Einsicht war die, dass es keinen Menschen gibt, der sich selbst die letzte Instanz sein kann. „In Verantwortung vor Gott…“ Wir sind Geschöpfe und nicht Schöpfer. Menschen, nicht Herren über Leben und Tod.

Wir sind am Ende auch nicht unter uns, sondern am Ende haben wir uns zu verantworten. Aber nun hat Gott nicht nur offenbart, dass wir zwischen Gut und Böse unterscheiden können, sondern in der ganzen Welt des Unsichtbaren haben wir einen Namen, an den wir uns halten können und sollen.

Was heißt „Welt des Unsichtbaren.“ Wissen zum Beispiel die Streitenden immer noch, wie das mal angefangen hat, mit dem jahrelangen Streit? Ging es immer um die Sache, von der gesprochen wurde, oder steckte da nicht noch etwas ganz Anderes dahinter?

Und woher kommt das mit dem Neid oder der Eifersucht, der Streitsucht und der Rechthaberei, die sich wie selbstständig macht? Und warum macht dort, wo der Glaube nachlässt, der Aberglaube breit? Und warum tauchen immer dann Ersatzreligionen auf, wenn Gott verleugnet wird?

Und gar nicht so selten auch die Sucht: Nicht nur Alkohol, auch Tabletten, oder die Sucht, kaufen zu müssen, oder – das gibt es ja auch: andere herabsetzen zu müssen, um sich selber gut zu fühlen?

Menschen brauchen einen Namen, auf den wir uns verlassen können, ganz wörtlich:
uns verlassen und loslassen. Und diesen Namen hat Jesus uns offenbart, uns Gott, den Vater gezeigt: „Vater unser im Himmel.“ In Jesu Namen dürfen wir so beten. Und in diesem Namen werden wir bewahrt, solange wir seinen Namen nicht so missbrauchen, nicht verzwecken, so dass wir die Verbindung verlieren würden, oder dass wir den Namen gar vergessen, ihn dann so verlieren.

Was passiert denn da, wenn wir den Namen Gottes missbrauchen? Ich will es mit einem Beispiel erzählen. Vor etlichen Jahren stand ich an einem Bankschalter an.

Vor mir ein junger Mann, der seine Scheckkarte brachte. Sie war zerbrochen. Und nun konnte er nicht mehr in den Raum, in dem der Geldautomat steht. Die Scheckkarte, die als Schlüssel, als Zugang zu dem Raum mit dem Geldautomaten dient, war unbrauchbar, weil er sie zweckentfremdet hatte.

Was war passiert? - Abends hatte es Frost gegeben und er hatte mit seiner Scheckkarte versucht, die Windschutzscheibe von seinem Autor frei zu kratzen. Das Ergebnis ist bekannt. Die Karte war zerbrochen.

Er hatte sozusagen, den Namen, der ihm Zugang gab, seinen Türöffner als Eiskratzer missbraucht und die Tür blieb geschlossen.

So ist es mit dem Namen Gottes auch: Der Name öffnet uns die Tür zu Gott. Aber wenn wir den Namen Gottes missbrauchen, für andere oder selbstsüchtige Zwecke missbrauchen, sei es für Aberglauben oder zum Spott, dann zerbrechen wir uns den Schlüssel, den Zugang zu Gott.

Nur: das Hindernis ist dann nicht Gott. Das Hindernis sind wir selber. Menschen trauen sich nicht mehr zu beten. Oder sie können gar nicht mehr glauben, dass Gott ihre Gebete hören könnte. Wir scheitern dann nicht an Gott, sondern uns selber. Nicht Gott weist den Suchenden zurück, sondern Menschen behindern sich selber auf ihrem Weg zu Gott, weil sie ihre Hartherzigkeit Gott unterstellen.

Denn das Böse verunsichert und hindert Menschen daran, sich Gott zu öffnen, Klarheit zu finden. Dabei hat uns Gott aber in unserer Taufe mit Namen gerufen, seinen Namen mit unserem Namen verbunden, damit wir auf IHN hören,

und wir mit IHM im Gespräch bleiben. Wie geschieht das?

Jesus betet hier: „Heilige sie in der Wahrheit; Dein Wort ist die Wahrheit. Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe ich auch sie in die Welt gesandt.“

Noch einmal: Wenn wir im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes den Tag beginnen und den Tag abschließen; Wenn wir genauso auch die Hl. Messe beginnen, dann ist das ja keine magische Formel (das wäre ein Missbrauch des Namens Gottes), sondern Ausdruck unserer Hingabe und Rückbesinnung auf unsere Taufe.

So werden wir vor dem Bösen bewahrt, dass wir uns an Christus halten. Denn in wessen Namen wir etwas tun, in dessen Vollmacht tun wir es auch. Wer den Namen Gottes und Jesu Christi trägt, bindet sich auch an IHN.

Deshalb sagt Jesus hier. „Heilige sie in der Wahrheit. Dein Wort ist die Wahrheit.“

Unsere Gebete, die Gottesdienste, die Sakramente, ja alles kirchliche Handeln, und alles, wonach wir uns als Christen auch darüber hinaus orientieren, das hat seinen Grund in der Heiligen Schrift. Heiligung in der Wahrheit, orientiert sich am Wort Gottes. Der Name, den wir als Christen tragen ist Maßstab unseres Tuns und Lassens.

Vor einer Woche war der 100. Geburtstag von Sophie Scholl. Was viele nicht wissen: Die Studenten der Weißen Rose hatten einen Lektürekreis. Dort haben sie die Bekenntnisse des Hl. Augustinus gelesen und – dann natürlich: Die Heilige Schrift, die Bibel. „Heilige sie in der Wahrheit, dein Wort ist die Wahrheit.“

Auf dem Weg auf Pfingsten hin werden wir heute erinnert, dass eine der wichtigsten Gaben des Heiligen Geistes die Gabe der Unterscheidung der Geister ist.

Gut und Böse, wahr und unwahr zu unterscheiden, von Gott oder gegen Gott.

Bleiben wir so im Hören, in der Umkehr und im immer wieder neuen geistlichen Aufbruch.

Ja, es stimmt: Jesus hat nicht darum gebeten, uns aus der Welt zu nehmen, sondern, dass wir durchaus in der Begegnung mit dem Bösen bewahrt werden, und Zeugen Jesu Christi sind, der das Böse mit Gutem überwunden hat.

 Amen 

 

Predigt am 7. Sonntag der Osterzeit, 16.05.2021
Johannes 17,6 a+11b-19; Apostelgeschichte 1,15-17+20-26; 1 Johannes 4,11-16
 

Tagesevangelium 16.05.2021

Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie gehörten dir, und du hast sie mir gegeben, und sie haben an deinem Wort festgehalten. Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt, und ich gehe zu dir. Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir. Ich bin nicht mehr in der Welt, aber sie sind in der Welt, und ich gehe zu dir. Heiliger Vater, bewahre sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast, damit sie eins sind wie wir. Solange ich bei ihnen war, bewahrte ich sie in deinem Namen, den du mir gegeben hast. Und ich habe sie behütet, und keiner von ihnen ging verloren, außer dem Sohn des Verderbens, damit sich die Schrift erfüllt. Aber jetzt gehe ich zu dir. Doch dies rede ich noch in der Welt, damit sie meine Freude in Fülle in sich haben. Ich habe ihnen dein Wort gegeben, und die Welt hat sie gehasst, weil sie nicht von der Welt sind, wie auch ich nicht von der Welt bin. Ich bitte nicht, dass du sie aus der Welt nimmst, sondern dass du sie vor dem Bösen bewahrst. Sie sind nicht von der Welt, wie auch ich nicht von der Welt bin. Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit. Wie du mich in die Welt gesandt hast, so habe auch ich sie in die Welt gesandt. Und ich heilige mich für sie, damit auch sie in der Wahrheit geheiligt sind.

 

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