Von Zeit zu Zeit wird hier in dieser neuen Kategorie eine Sonntagspredigt für Sie erscheinen. Die heute veröffentlichte Predigt wurde von unserem Pfarrer Hans Janßen am Zweiten Sonntag im Jahreskreis gehalten.
Liebe Schwestern und Brüder im Glauben,
am Donnerstag hatte ich in Henstedt-Ulzburg die Hl. Messe. Auf dem Weg dorthin eine Vollsperrung: Ein schwerer Unfall, mehrere Rettungswagen, Notarzt, Polizei und viel blinkendes Blaulicht. Noch kurz der Gedanke: Was wäre gewesen, wenn ich vielleicht eine viertel oder halbe Stunde früher an dieser Stelle gewesen wäre? Vielleicht darin verwickelt, betroffen? Wer weiß? – Aber dann weiter: die Umleitung, „weiträumig umfahren“, wie man so sagt.
Auf dem Rückweg, nach der Messe, immer noch die Vollsperrung. Und jeder weiß: Wenn die Sperrung so lange dauert, dann muss man das Schlimmste befürchten. Da geht es nicht um Blechschaden, sondern da geht es um Menschenleben.
Zugleich im Autoradio ein Live-Konzert: Eine junge Frau singt: „Mama, jetzt steh ich an deinem Baum. Jetzt bist du Staub, ich wünschte, ich hätte an irgendwas geglaubt. Ich rede mit mir selbst, wie ein Idiot, ich glaube nicht an ein Leben nach dem Tod.“
Die Sängerin, selber Mutter, wie wir erfahren, meint, das, mit dem Leben nach dem Tod, das hätten sich die Menschen nur so ausgedacht, damit es nicht so schwer wird.
Haben wir das? - Uns den Glauben nur ausgedacht?
Was wir heute aus der Heiligen Schrift gehört haben, sagt etwas anderes. Nichts Ausgedachtes. Da kommt eine Botschaft von außen. Nicht aus der Not geboren, sondern überraschend, ja, das Gewohnte störend und durchbrechend.
Und doch sind Menschen beteiligt, um Menschen zu erreichen. Der lebendige Gott, der als Mensch geboren ist, sendet Menschen: setzt sie als Herausforderung ein: So, wie jeder, der glaubt, Menschen nennen kann, die uns direkt oder indirekt ins Hören und Beten gelockt haben.
Und so war es heute in den Lesungen auch: Da war zunächst Samuel. Er wohnt im Tempel. Nachts hört er, dass sein Name gerufen wird. Er wacht auf, geht zum Priester, der schläft aber schon. Aber der hat ihn nicht gerufen. „Nein, ich habe dich nicht gerufen. Geh wieder schlafen.“ Dreimal passiert das! Immer wieder hört Samuel seinen Namen, geht zum Priester, Fehlanzeige. Immer wieder: Nein, ich habe dich nicht gerufen.
Aber nun ahnt Eli, was los ist: „Wenn du das jetzt aber noch einmal hörst, dann antworte: „Rede, Herr; denn dein Diener hört.“ Samuel tut das. Hört, wächst so auf, eher unauffällig, und wird ein bedeutender Prophet in seinem Volk Israel.
Anders, aber auch ein Neuanfang im Glauben: Die Jünger, die Apostel. Da gab es den Vorboten Jesu: Johannes, der Täufer. Er weist sie hin, zeigt auf Jesus: „Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt.“ Sie hören das, gehen hin, folgen Jesus, der dreht sich um und fragt: „Was sucht ihr?“ Und sie antworten mit einer Gegenfrage: „Rabbi, wo wohnst du?“ Wo gehörst du hin und wo kommst du her? Letztlich die Frage: Wer bist du? - Bist du von Gott? Führst du uns zu Gott? … zum Leben? … zum Lebensmut?
Und auch Jesus antwortet nicht mit einer Erklärung, kein Ja und kein Nein, sondern Jesus antwortet mit einer Einladung: „Kommt uns seht!“
Klarheit im Glauben gibt es nicht mit einem Fingerschnipps. Ja, wir sprechen oder singen im Bekenntnis, wer Jesus ist: Gottes Sohn, wahrer Mensch und wahrer Gott. Empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria. Das glauben wir als Christen. So kann man das zusammenfassen.
Aber solche Sätze stehen nicht am Anfang. Erst wer gefragt hat, wer gewagt hat, erst wenn wir Jesus erlaubt und gebeten haben auf unser Leben und unsere je eigene Lebensgeschichte zu sehen, unser Leben in Gottes Licht zustellen, erst dann glauben wir am Ende wieder kindlich. - Selten aber ist das am Anfang so. Am Anfang aber steht etwas anderes, immer wieder neu: Komm und sieh!
Was heißt das heute für uns? Dass der Glaube eben mehr ist, als ein Gedanke, oder sogar nur eine Vermutung oder ein Wunsch, sondern: der Glaube wächst dann, wenn wir zunächst hören, das Gehörte ernst nehmen, es prüfen und uns auf den Weg machen.
Oft beginnt es mit einer Begegnung oder Einladung. Und dann kommt es darauf an, zu fragen: Was wird denn hier über Gott, über Jesus, über den Heiligen Geist gesagt? Was heißt das für mein Leben?
Und dann ist es gut nicht nur miteinander darüber zu sprechen, sondern Gott zu antworten, so wie Samuel: „Rede Herr, dein Diener hört!“ „Komm und sieh!“ ist eine Einladung zum Hören, neu zu sehen, neu zu staunen, ja, aber dann auch so, dass wir antworten, mit eigenen Worten, also beten und dahin gehen, wo Christus verkündet wird, wo ER begegnet.
Vielleicht hat sich heute der eine oder andere über die zweite Lesung gewundert: Die erste Lesung und das Evangelium: da geht es um Berufung, das ist klar. Aber was war das mit der zweiten Lesung? „Wisst ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind?“ Oder: „Wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist?“ hieß es da. Leib und Geist gehören zusammen! Was ist nun mit: „Am Ende nur Staub?“
Ja, auch, wenn wir am Aschemittwoch wieder hören werden: „Bedenke, Mensch, dass du Staub bist, und zum Staub wirst du wieder zurückkehren,“ so weiß die Heilige Schrift eben auch von einer Auferweckung mit einem neuen Leib. (z.B. 1 Korinther 15,15). Will sagen: Die Aufforderung: „Komm und sieh!“ betrifft uns als ganze Menschen: mit Leib, Seele und Geist, ja, auch sinnlich. Gottes Wort ist Fleisch geworden in Jesus Christus. Getauft sind wir mit Wasser und Heiligem Geist: Wasser auf unserem Kopf, spürbar. Wir kosten und sehen in der Hl. Kommunion das gewandelte Brot, den Leib Christi, leiblich spürbar. Wir nehmen den Leib des HERRN auf, auf dass ER uns wandelt. Und als Glieder Kirche bilden wir gemeinsam den Leib Christi.
Alles zusammen bedeutet das: Die Gewissheit, dass Jesus Christus uns mit Gott und dem ganzen Himmel versöhnt, dass wir nicht irgendetwas glauben, und erst recht nichts Ausgedachtes, diese Gewissheit, die finden wir in der Begegnung mit Jesus Christus: Im Gebet, im Hören und Lesen von Gottes Wort, in der Hingabe, in den Sakramenten, also in Taufe, Eucharistie, Beichte und Krankensalbung.
Und all das erfahren wir eben nur dann, wenn wir auch losgehen, loslassen und vertrauen.
Ganz praktisch bedeutet das: Mit dem Glauben ist es so, wie mit den Entscheidungen auch sonst im Leben: Wer nichts entscheidet und nie losgeht, der erfährt auch nichts, keine Wahrheit. Jesus sagt das mit dem einen Satz: „Wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren, wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, wer loslässt und losgeht, der wird es finden.“ (Matthäus 16,25)
In der zweiten Lesung haben wir gehört: „Wer sich an den Herrn bindet, ist ein Geist mit IHM.“ Wir glauben eben nicht irgendetwas, und bleiben nicht Staub, weil wir zu Gott gehören. Wer zu Christus gehört, der hat eine Herberge bei IHM. Und so leben wir auch mit IHM, gehen so neu mit unserer Zeit, mit unserem Leib, mit den uns anvertrauten Gaben um, so dass ER, Jesus Christus in allem bei uns ist, und wir bei IHM. Und so werden wir selber zu Wegweisern zu dem Gott, der Leben schenkt.
Amen
Predigt am Zweiten Sonntag im Jahreskreis, den 14.01.2024
Johannes 1,35-42; 1Samuel 3,3b-10+19; 1 Korinther 6,13c-15a+17-20
In jener Zeit
35 stand Johannes am Jordan, wo er taufte, und zwei seiner Jünger standen bei ihm.
36 Als Jesus vorüberging, richtete Johannes seinen Blick auf ihn und sagte: Seht, das Lamm Gottes!
37 Die beiden Jünger hörten, was er sagte, und folgten Jesus.
38 Jesus aber wandte sich um, und als er sah, dass sie ihm folgten, sagte er zu ihnen: Was sucht ihr? Sie sagten zu ihm: Rabbi – das heißt übersetzt: Meister —, wo wohnst du?
39 Er sagte zu ihnen: Kommt und seht! Da kamen sie mit und sahen, wo er wohnte, und blieben jenen Tag bei ihm; es war um die zehnte Stunde.
40 Andreas, der Bruder des Simon Petrus, war einer der beiden, die das Wort des Johannes gehört hatten und Jesus gefolgt waren.
41 Dieser traf zuerst seinen Bruder Simon und sagte zu ihm: Wir haben den Messias gefunden – das heißt übersetzt: Christus – der Gesalbte.
42 Er führte ihn zu Jesus. Jesus blickte ihn an und sagte: Du bist Simon, der Sohn des Johannes, du sollst Kephas heißen, das bedeutet: Petrus, Fels.