Experiment im Oxpark

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Wie sieht die Kirche der Zukunft aus? Wie findet die Kirche in Zukunft die Menschen? Oder anders herum: Suchen die Menschen künftig noch die Kirche vor Ort, in der Gemeinde – was wünschen sie sich von ihr? Die Ergebnisse eines Experimentes im Oxpark sprechen für sich.

Margret May (59) ist viel beschäftigt. Die Gemeindereferentin ist Koordinatorin in der Fachstelle Sozialpastoral der Pfarrei Katharina von Siena im Hamburger Norden. Dort wird derzeit viel gebaut, neue Wohngebiete entstehen, in denen sich vor allem junge Familien ansiedeln. Beispielhaft ist das Waldquartier Ochsenzoll, der so genannte Oxpark, auf dem Gelände des ehemaligen Krankenhauses Ochsenzoll. In dem Ensemble an der Langenhorner Chaussee mit kernsanierten historischen Gebäuden und Neubauten sind in den vergangenen fünf Jahren 840 neue Wohnungen entstanden. Auf 50 Hektar wohnen nun rund 2 000 Menschen in einem parkähnlichen Gelände mit vielen alten Bäumen wie in einem kleinen Dorf rund um den historischen Wasserturm in der Mitte. Das Quartier gehört zur St. Annen-Gemeinde Ochsenzoll, die Teil der Pfarrei St. Katharina von Siena ist. Die Pfarrei ist seit vier Jahren Pastoraler Raum. Koordinatorin Margret May wagte dort ein Experiment „Kirche im Quartier“. Sie will Brücken bauen und zu den Menschen gehen. Doch was wünschen sich diese Menschen eigentlich von der Gemeinde? Gemeinsam mit Katharina Töpperwien und Christina Winge übernahm Margret May einen besonderen Einsatz: In den Sommerferien des vergangenen Jahres war das Trio im neuen Wohngebiet unterwegs, um mit den Menschen direkt ins Gespräch zu kommen. Der Einsatz war angekündigt: „Wir ha ben alle 200 Katholiken im neuen Wohngebiet angeschrieben“, erzählt Margret May. „Einsatzzentrale“ wurde das ehemalige Nachtwächterhäuschen, in dem heute das Oxpark Café untergebracht ist. Das denkmalgeschützte Haus ist ebenfalls frisch restauriert und schon eine feste Anlaufstelle für Neuzugezogene. „Wir sind dort ganz ohne Hintergedanken hingegangen“, betont die Gemeindereferentin. Um die Menschen außerhalb ihrer Arbeit zu treffen, waren sie frühmorgens und spätabends unterwegs.

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Bild: Sie suchten das Gespräch im Oxpark (v.l.): Margret May, Katharina Töpperwien und Christina Winge. | Foto: J. Gross

Das Trio hat an viele Türen geklingelt. Immer wieder ergaben sich Gespräche zwischen Tür und Angel. Das Ergebnis der Recherchen? „Wir haben Glauben gefunden“, sagt Margret May. „Wir haben selbstbewusste katholische Christen gefunden.“ Doch andere Katholiken, als sie erwartet hätte: Taufchristen nennt die Gemeindereferentin sie. „Hier leben Menschen, die getauft sind und denen es wichtig ist, dass ihre Kinder getauft sind. 80 Prozent der Kinder gehen von hier aus zur katholischen Kita und zur katholischen Schule, denn dass die Kinder im katholischen Glauben groß werden, ist den Eltern wichtig. Alle, mit denen wir gesprochen haben, wissen, wo die nächste katholische Kirche steht und wie der Pfarrer heißt. Etliche gehen zum Gottesdienst, aber nicht jeden Sonntag, die meisten haben einen eigenen Rhythmus und dabei kein schlechtes Gewissen. Was sie jedoch nicht brauchen, sind die Angebote einer Gemeinde.“ Gemeindeleben in der herkömmlichen Art, dafür interessierten sie sich nicht. „Alle sind beruflich sehr beansprucht und sozial gut vernetzt.“ Die Ergebnisse dürften nicht verallgemeinert werden, betont die Gemeindereferentin. Und doch seien sie sehr aussagekräftig. Noch ein Thema kam immer wieder zur Sprache. So bedauerten viele der neuen Bewohner, dass es im Quartier keine „Kneipe“ gebe. Zwar ist in der alten Kapelle an der Henny-Schütz-Allee, die einst für die Bewohner der Heilanstalt gebaut wurde, ein italienisches Restaurant eingezogen. Aber ein geselliger Treffpunkt, eine Art gemütliche Weinstube fehlt aus Sicht vieler noch. Das ist für Margret May ein Ansatzpunkt: „Ich könnte mir gut vorstellen, dass wir hier – auch mit anderen Akteuren – einen solchen Treffpunkt, eine Weinstube einrichten und tragen können.“

Ganz unabhängig davon hat sich inzwischen im Oxpark eine „Casa“, eine Hauskirche gegründet. Margret May begleitet diese Entwicklung – und ist begeistert: „Es gibt hier Menschen, die bewusst als Christen leben möchten. Sie möchten sich gerne regelmäßig treffen, voneinander wissen, den Glauben miteinander teilen und sich austauschen. Vor allem möchten sie miteinander ins Gebet kommen.“ Vielleicht ist das ein Modell der Kirche der Zukunft? Die Ergebnisse dieses Experiments stellt Margret May derzeit in der Pfarrei vor. Vielleicht können sie hilfreich sein für die Weiterentwicklung des Pastoralkonzeptes. Zudem sucht sie Bewohner aus dem Oxpark, die als Ansprechpartner den Draht zur Gemeinde halten können. Und in den kommenden Sommerferien will sie wieder praktische Recherchearbeit leisten. Allerdings nicht im Oxpark, sondern in einem anderen Wohnquartier, das im Pastoralen Raum angesiedelt wird: In der „Grüne Heyde“ in Norderstedt sollen 600 neue Wohnungen entstehen. „Noch steht da gar nichts“, erzählt Margret May. „Aber dort wollen wir von Anfang an dabei sein.“

 
Autor: Monika Sendker, Artikel mit freundlicher Genehmigung der Neuen KirchenZeitung des Erzbistums Hamburg
Webseite Neue KirchenZeitung Hamburg

 

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